Die Christophorus Legende

Die Christophorus Legende

Nach der »Legenda aurea« des Jacobus de Voragine, verfasst vor 1264.

Du sollst wissen, dass Christoph nicht eine Person ist, sondern ist ein Ebenbild aller Christen. Die Geschichte will nicht eine Historie sein, sondern will das christliche Leben vor Augen malen.
(Martin Luther, in einer Predigt am 25. Juli 1529)

Christophorus hieß vor seiner Taufe Reprobus, danach aber wurde er Christophorus genannt, das heißt: der Christus trägt. Christophorus war von gewaltiger Größe und bärenstark. Ihm kam einst in den Sinn, den mächtigsten König zu suchen, der in der Welt wäre, und bei ihm zu bleiben.

Also kam er zu einem großen König von dem ging die Rede, dass es keinen größeren Fürsten der Welt gebe. Der König nahm ihn mit Freuden auf und hieß ihn bleiben an seinem Hof. Christophorus diente ihm mit ganzer Kraft.

Eines Tages aber sang vor dem König ein Spielmann sein Lied, darin des Teufels Name gar oft genannt war. Der König zeichnete seine Stirn mit dem Zeichen des Kreuzes, so oft des Teufels Name genannt wurde. Als Christophorus dies sah, verwunderte er sich über die Maßen, warum der König das täte und was er mit dem Zeichen meinte. Er fragte den König, der aber wollte es ihm nicht sagen. Da sprach Christophorus: Sagst du es mir nicht, so bleibe ich nicht länger bei dir. Also zwang er den König, dass er sprach: Wann ich den Teufel höre nennen, so segne ich mich mit diesem Zeichen. Denn ich fürchte, dass er sonst Gewalt gewinne über mich und mir schade. Sprach Christophorus: Fürchtest du den Teufel, dass er dir schade, so ist offenbar, dass er größer und mächtiger ist als du, da du solche Angst vor ihm hast. So bin ich denn in meiner Hoffnung betrogen, weil ich glaubte, dass ich den mächtigsten Herrn der Welt hätte gefunden. Aber nun leb wohl, denn ich will den Teufel selbst suchen, dass er mein Herr sei und ich sein Knecht. Also ging er von dem König und machte sich auf, den Teufel zu suchen.

 

Auf seinem Weg kam er in eine Einöde, da sah er eine große Schar Ritter. Einer von ihnen war wild und schrecklich anzusehen. Der kam zu Christophorus und fragte ihn, wohin er fahre. Er antwortete: Ich suche den Herrn, den Teufel, denn ich wäre gern sein Knecht. Sprach der Ritter: Ich bin der, den du suchst. Da war Christophorus froh und gelobte ihm seinen Dienst für ewige Zeiten.

Als sie nun miteinander dahinzogen, kamen sie einst auf eine Straße, da war ein Kreuz am Wege. Sobald der Teufel das Kreuz sah, floh er voll Furcht und ließ die Straße und führte Christophorus einen rauen und wüsten Weg und danach wieder zu der Straße. Christophorus wunderte sich darüber und fragte ihn, warum er den geraden Weg gelassen habe und auf solchen Umwegen durch die Wüste gefahren sei. Der Teufel wollte es ihm in keiner Weise sagen, aber Christophorus sprach: Sagst du es mir nicht, so gehe ich alsbald von dir. Also zwang er den Teufel, dass er sprach: Es ist ein Mensch gewesen, Christus mit Namen, den hat man ans Kreuz geschlagen. Und wenn ich dieses Kreuzes Zeichen sehe, so fürchte ich mich sehr und muss es fliehen. Sprach Christophorus: So ist dann dieser Christus größer und mächtiger als du! Also war meine Mühe umsonst, und ich habe den größten Herrn der Welt noch nicht gefunden. Lebe nun wohl, denn ich will von dir scheiden und Christus suchen.

Er suchte lange Zeit, da und dort, doch er fand ihn nicht. Er solle beten und fasten, riet man ihm. Aber das vermochte er nicht. So suchte er lange, bis er zuletzt einen alten Einsiedler traf und ihn um Rat fragte, wie er Christus finden könne.

Da sprach der Einsiedler: Weißt du den Fluss, darin viele Menschen umkommen, wenn sie hinüber wollen? Christophorus antwortete: Ja, ich weiß ihn. Der Einsiedler sprach: Du bist groß und stark. Setze dich an den Fluss, und trage Menschen hinüber, und warte. Und ich hoffe, dass Christus sich dir dort wird offenbaren. Sprach Christophorus: Das vermag ich wohl und will ihm hierin dienen.

Also ging er an den Fluss und baute sich an dem Ufer eine Hütte. Er nahm einen Stab in seine Hand, darauf stützte er sich im

 

Nach langer Zeit, als er einst in seiner Hütte ruhte, hörte er, wie eine Stimme rief: Christophorus, komm heraus und setz mich über. Er stand auf und lief hinaus, konnte aber niemanden finden. Also ging er wieder in seine Hütte. Da hörte er die Stimme abermals. Er ging wieder hinaus und fand niemanden. Danach hörte er die Stimme zum dritten Male wie zuvor. Und da er hinausging, fand er ein Kind am Ufer, das bat ihn gar sehr, dass er es hinübertrage.

Christophorus nahm das Kind auf seine Schultern, ergriff seinen Stab und ging ins Wasser. Aber siehe, das Wasser wuchs höher und höher, und das Kind war so schwer wie Blei. Je weiter er schritt, je höher stieg das Wasser, je schwerer wurde ihm das Kind auf seinen Schultern, so dass er in große Angst kam und fürchtete, er müsste ertrinken. Und da er mit großer Mühe durch den Fluss geschritten war, setzte er das Kind nieder und sprach: Du hast mich in große Gefahr gebracht und bist meinen Schultern so schwer gewesen: hätte ich alle Welt auf mir gehabt, es wäre nicht schwerer gewesen.

Das Kind antwortete: Das soll dich nicht wundern, Christophorus. Du hast mehr als alle Welt auf deinen Schultern getragen: den, der Himmel und Erde erschaffen hat und der die Sünde der Welt trägt. Denn wisse, ich bin Christus, dem du in dieser Arbeit dienst. Und damit du siehst, dass ich die Wahrheit rede, so nimm deinen Stab, sobald du wieder hinüber gegangen bist, und stecke ihn neben deiner Hütte in die Erde; so wird er des Morgens blühen und Frucht tragen.

Damit verschwand er vor seinen Augen. Christophorus aber ging hin und pflanzte seinen Stab in die Erde. Und als er des Morgens aufstand, trug der Stab Blätter und Früchte.

 

(Quelle: https://www.christustraeger-bruderschaft.org/christustraeger/bruderschaft/christophorus/)

 

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